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Alter und das Ende der Schönheit

Falten

Es scheint, daß die Begriffe alt und häßlich; jung und schön fast immer als synonyme Wortpaare auftraten; nie in Zweifel gerieten - als naturgemäße, quasi biologische Gegebenheit betrachtet wurden, ohne Anlaß zur Hinterfragung zu geben. Die Betrachtung des Alters als das Ende der Schönheit trägt allem Anschein nach archetypische Züge.

In der gesellschaftlichen Realität wird das Altern als Verlust von Schönheit bewertet; ausschließlich Jugendlichkeit wird mit dem Attribut der Schönheit   besetzt und gilt gleichzeitig als absolute Voraussetzung. Jugendlich frisches Aussehen stellt den Inbegriff für Schönheit und Attraktivität dar, so daß sich Alter und Attraktivität gegenseitig, quasi „naturgemäß“ ausschließen.

Wenn sich nun die Körperfunktionen reduzieren, die Haut erschlafft und zu „welken“ beginnt, das Gedächtnis „einbricht“, die jugendliche Vitalität schwindet, wenn die Zeit seine sichtbaren Spuren am Körper hinterläßt - die Falten, dann signalisiert dies das beginnende Ende von Schönheit, den „natürlichen“ Verfall der Schönheit aufgrund des menschlichen Alterungsprozesses.

Der Verlust von Attraktivität durch das Alter  bezieht sich auch auf Attribute wie Schwer- fälligkeit in den Bewegungen - gebückte Haltung, gemächliche Schritte, arhythmische und unkoordinierte Bewegungen -, Langsamkeit im Denken und im Handeln, Gebrechlichkeit, Starrheit, Abhängigkeit, Senilität, Inkontinenz und körperlicher Kontrollverlust, die mit dem alten Körper in Verbindung gebracht werden, sind in der Gesellschaft Inbegriffe für Unattraktivität und Un-Ästhetik.

Auch über den Aspekt des Kontrollverlustes hinaus verkörpert der alte Leib nicht das, was in einer jugend- und erlebnisorientierten Gesellschaft erwünscht und gefordert ist. „Anhalten, Überlegen, Warten, Bewahren,   Geschehen lassen, Rückschau halten, Bilanz ziehen und sich Ausruhen bedeuten unter dieser Perspektive Zeitverlust, Zurückbleiben, Abgehängtwerden“ (Schaffer, 1993, S. 76), und das in einer „Welt der  Beschleunigung“, in der reibungsloses Funktionieren, Rationalität, Leistung, Erfolg, Dynamik und Schnellebigkeit zählen. Aufgrund dessen stehen diese  „alters- gemäßen“ Attribute, wie Langsamkeit, Starr- heit, Festhalten an der Vergangenheit, Gebrechlichkeit, Vergeßlichkeit, Verwirrtheit, im Widerspruch zu den normativen Vorstellungen von Attraktivität und Ästhetik und fließen somit in den Bewertungsprozeß von Schönheit mit ein.

Trotz moderner Technologien und gesunder Lebensweise wird sich der alternde Körper - allein schon biologisch - früher oder später dem Ideal  „Jugendlichkeit“ entziehen. Somit widerspricht dieses geforderte Wunschbild lebenslanger Jugend der Natur des Menschen. Auch dem gesellschaftlichen Anspruch auf körperliche Perfektion - glatt, straff, frisch - kann er nicht gerecht werden. „Irgendwann sind alle Anstrengungen umsonst, und der Körper, unzählige Male trainiert und repariert, gibt auf“ (Gronemeyer, 1991, S. 37), denn Zeit und Realität setzen dem Maßstäbe. So ist der Kult um die jugendliche Schönheit daraus zu erklären, daß Schönheit die Chance darstellt, die Vergänglichkeit zu vergessen, während uns das Alter vergegenwärtigt, daß der jugendlichen Schönheit gleichwohl Vergänglichkeit  innewohnt.

ÄSTHETIK DES ALTERS.
Der alte Körper zwischen Jugendlichkeitsideal und Alterswirklichkeit.
© 1999 Eine Produktion von Uta Tschirge.

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Schneewittchen

„Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?“ „Frau Königin, Ihr seid die Schönste hier, aber Schneewittchen ist noch   tausendmal schöner als Ihr.“ Diese bekannten Verse aus Grimms Märchen „Schneewittchen“ sind schon   oft als eine Geschichte von Konkurrenz, Eitelkeit und Narzismus gedeutet worden. Doch lassen sie auch eine weitere Interpretation zu, handelt es sich doch um die alternde Königin, die sich in ihrer Schönheit bereits durch die nachfolgende Generation bedroht sieht (Akashe-Böhme, 1992b). Der alternden Königin wird ihr eigenes Älterwerden bewußt und damit auch, daß sie nicht länger und vor allem nicht auf ewig die Schönste bleiben kann. Das Märchen lehrt uns, daß mit fortschreitendem Alter der Verlust der Schönheit einhergeht.

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Oft wird in der Dichtung das Thema von der Flüchtigkeit der Jugend behandelt, der eine traurige und häßliche Zukunft auflauert, indem „Das Schöne wird zum Häßlichen sich wenden“ (de La Marche; zitiert nach: Beauvoir, 1977, S. 124). Odin de Cluny beschreibt mit einer besonderen Schärfe die Häßlichkeit des alten   Leibes und bezeichnet diesen als einen „Sack voller Exkremente“ (Beauvoir, 1977, S. 123).