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Einige Beispiele
Das bevorzugte Thema in der Antike
in Werken der Plastik war die Darstellungen der formschönen Gestalt des jugendlichen Athleten. Ältere Menschen erscheinen hier lediglich als Bildnisse von Göttern, Philosophen oder Staatsmännern, die dabei sogar auch wirklichkeitsgetreue Alterskörper zeichneten. Überwiegend jedoch wußten antike Künstler diesen Zügen, die Geist und Erfahrung ausdrückten, abstoßende Abbildungen des körperlichen Verfalls entgegenzusetzen: "Unsentimental und unrealistisch meißeln die Künstler die Spuren des Alters in Stein und stellen betagte Frauen in aller Häßlichkeit dar, zahnlos, mit eingefallenen Wangen, Hakennase, schütterem Haar, spitzen Schultern und schlaffer Haut" (Nagel, 1991, S. 28).
Das Mittelalter verachtete und verab- scheute im allgemeinen das Äußere des alten Menschen, daher wurden Alte in der Plastik häufig als Propheten und
verehrungswürdige Heilige dargestellt, die als sehr alte, hagere Männer mit langen Bärten erschienen. Im volkstümlichen Bild versinnbildlicht der Greis die Zeit, geflügelt und hager, mit einer Sense in der
Hand (Beauvoir, 1977). Im mittelalterlichen Motiv der Lebenstreppe wird der Körper im Laufe der dargestellten Lebensphasen mit zunehmendem Alter "krummer und dummer" und verliert seine
erotische Ausstrahlungskraft (Schenda, 1984); die Stufen und der auf den Stock gestützte, gebückte Körper symbolisieren den Abstieg hin zum Tode. Ausdruck der Verachtung des alten Körpers
ist auch die Idee des Jungbrunnens und seine Thematisierung in der Kunst des späten Mittelalters und der Renaissance. Als eines der berühmtesten Gemälde sei hier auf den "Jungbrunnen" von
Lucas Cranach
dem Älteren verwiesen: "Aus dürrer, felsiger, unfruchtbarer Landschaft kommen alte, sieche Frauen zum Bad. Sie verlassen das Becken als junge Frauen (...) in grüner, fruchtbarer Umgebung bei Tanz, Spiel, Schmaus und Liebe" (Fooken, 1994a, S. 18f.).
Die Renaissance ist in der Darstellung
des Alters zwiespältig: "Die gesellschaftlichen Träger der Macht sind würdig, weise und schön, die unteren Klassen im Alter verbraucht, komisch, gehässig" (Kannonier, 1982, S. 255). So sind einerseits die Alten oftmals idealisiert dargestellt, Gott-Bildern gleich mit schönen weißen Bärten und ruhig-überlegenem Gesicht, die wie in
Michelangelos oder Tizians
Bildern mit einem jugendlichen Leib quasi alterslos erscheinen. Dagegen finden sich hier wie in keiner anderen Epoche derart grausame Darstellungen der Häßlichkeit und Abscheu- lichkeit des alten - insbesondere des weiblichen Körpers.
Rembrandt
schildert in seiner
Souveränität der Menschendarstellung die "Häßlichkeit" des Alters mit einem Realismus, indem er diese nicht etwa zu glätten sucht, sondern noch betont. Das Ergebnis sind Köpfe von eminenter Ausdruckskraft.
Rubens
portraitiert das Bildnis des "Apostel Matthias" mit kaum zu über- bietender Altersschönheit. Van Dyck
faßte das gealterte Gesicht und den greisen Körper als dramatische Landschaft auf, in der sich das Widerspiel von erschlaffender Haut über gespannten Sehnen, abnehmenden, aber noch kräftigen Muskeln und geschwollenen Adern zu höchstem Ausdruck steigert. Dagegen stellte für
Guido Reni das Bild des alten Menschen ein ästhetisch überaus
heikles Problem dar; der alte Körper in seinem Naturalismus galten für ihn als häßlich und mußten geschönt werden. Die Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts
ist anfangs noch geprägt von der Selbst- verleugnung: Goya
malte sich mit 70 Jahren als 50-jährigen. Dann aber werden die realistischen Komponenten des Alters klarer; im sozial engagierten Realismus der 20-iger Jahre, als Vertreter sei an dieser Stelle Otto Dix
genannt, wird der alte Körper mit sozialkritischen Momenten besetzt und erhalten durch die übertriebene Charakterisierung von Händen, Gesichtern und Haltungen anklagende Züge (vgl. der "Alte Arbeiter" von O. Dix).
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