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“Forever young“ - oft besungen, bedichtet, ersehnt - ist ein uralter Traum des
Menschen. Immer wieder waren die Menschen von dem Wunsch besessen, die Zeit aufzuhalten oder gar umzukehren. Als Hintergrund für diese Utopie der Verjüngung
steht der Wunsch nach Unsterblichkeit. Dabei kultiviert das Ideal der Jugendlichkeit „die Illusion vom endlosen Fortgang“ (Schachtner, 1994, S. 92), die Idee der Unsterblichkeit, des Dauerhaften, während das Alter als Symbol für die Nähe zum Tod steht, uns unsere Vergänglichkeit bewußt macht und die Botschaft der Verkündigung des Endes in sich trägt (Améry, 1968). Die Angst vor dem Tod als menschliche Urangst scheint die Hauptursache für die Vergötterung der Jugendlichkeit und der daraus resultierenden Ablehnung des Alters - in welchen Ausdrucksformen auch immer - zu sein.
Verjüngende Schönheitsoperationen, technische Versuche der Lebensverlängerung, Gentechnik und Körperkonservierung durch Einfrieren lassen die Sehnsucht nach Unvergäng- lichkeit des Lebens, der
Schönheit und ewigen Jugend - zumindest für einen Augenblick - realisierbar erscheinen. Der Tod und dessen eigentlicher Sinn - die Aufhebung des Lebens, wird somit aus Angst vor ihm verleugnet. In der Angst
vor dem Tod, dem das Alter vorausgeht, strebt der Mensch danach, mit allen Mitteln fortzudauern. Das Konzept Jugendlichkeit erhält die Illusion von der Unendlichkeit aufrecht. Doch nichts repräsentiert
das Ende des Lebens
sichtbarer als der alternde Körper und dessen Verfall. Der alte Körper wird für die jüngeren Generationen zu einer beständigen Erinnerung an das eigene bevorstehende Altwerden und wird somit zum Symbol für die Vergänglichkeit.
Er beraubt uns in letzter Instanz der Illusion
vom endlosen Fortgang, die das Jugendlich- keitsideal bemüht ist aufrechtzuerhalten, führt uns allgegenwärtig unsere Endlichkeit vor Augen und hindert uns daran, Vergänglichkeit zu vergessen.
Aufgrund der Nähe zum Tod
werden die sichtbaren Zeichen der Vergänglichkeit gesellschaftlich als häßlich bewertet, dem alten Körper wird jede Attraktivität abgesprochen und Alter wird als Verlust von Schönheit definiert - denn, „...häßlich ist, was man haßt“ (Améry, 1968, S. 77). Der alte Körper erfährt in gesellschaftlicher Dimension Haß, Abscheu, Ekel, Ablehnung, Mitleid, Spott, Aversionen, denn er wird bewertet als:
- ein Körper, der an Schönheit verliert
, in einer Welt, in der, am Maß der Jugendlichkeit gemessene Schönheit mit Erfolg, sozialer Anerkennung, Sinnlichkeit und Liebe gleichgesetzt wird.
- ein Körper, der an Funktionstüchtigkeit verliert
, in einer Welt, in der reibungsloses Funktionieren, Leistungsoptimierung, Mobilität, Beschleunigung, Flexibilität postuliert wird.
- ein Körper, der uns mit Krankheit
, Leiden und Tod konfrontiert, in einer Welt, in der das „Projekt des schönen Lebens“ zum Leitbild erhoben worden ist und Erleben, Genuß, Spaß,
Selbstverwirklichung, Unabhängigkeit, Freiheit im Mittelpunkt stehen.
- ein Körper, der die Kontrolle über sich selbst
verliert, in einer Welt, in der Disziplin, Selbstbeherrschung und Machbarkeit Pflicht ist.
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